Ich bin in einem kleinen schwäbischen Dorf aufgewachsen. Zu der Zeit meiner Kindheit gab es dort vor Weihnachten einen regelrechten Wettkampf unter den Hobby-Bäckerinnen, um die schönsten Gutsle (Weihnachtsplätzchen). Außerdem ging es (unausgesprochen) darum, wer am meisten verschiedene Gutsle auf dem Weihnachtsteller hat.

Als Königsdisziplin unter diesen Hobby-Bäckerinnen galten schwäbische Springerle, eine Art Anis-Plätzchen. Bis vor Kurzem erlag ich dem Irrglauben, dass diese Gutsle absolute „Chefsache“ sind und nichts für Anfänger. Na ja, vielleicht hatte ich ja nur Anfängerglück, wer weiß. Ich bin auf jeden Fall sehr stolz auf meine wunderschönen schwäbischen Springerle.

Das „Wichtigste“ an den schwäbischen Springerle ist übrigens meiner Meinung nach nicht der Geschmack. Richtig gut schmecken tun sie mir zumindest nicht, obwohl ich ein großer Anis-Fan bin. Das „Wichtigste“ für die schwäbische Hausfrau bei ihren Springerle sind die „Füßle“, die sich unter dem Gutsle bilden, wenn man alles richtig gemacht hat.

Für mich am wichtigsten an den Springerle sind jetzt und waren es bereits, als ich ein Kind war, die Motive der Model. Model (man spricht das mit einem langen „o“) sind die geschnitzten Holzformen, in die man den Teig drückt, um die Motive in den Teig zu bekommen. Die Geschichte der Model geht übrigens zurück bis ins 14. Jahrhundert.

 

 

Ich hatte bereits als Kind ein feines Gespür für Ästhetik und diese reinweißen Gutsle mit diesen hübschen Bildern darauf gefielen mir außerordentlich. Zumindest die Motive der größeren Model erzählen immer kleine Geschichten. Es gibt Model aus allen Themenbereichen, z. B. Jahreszyklus, Tierwelt, Blumen, Früchte, Menschen im Alltag, Schulanfang usw. Sehr viele beschäftigen sich mit kirchlichen/biblischen Themen: Taufe, Konfirmation, Hochzeit usw.

Die Themen der Model, die in unserer Familie existieren, drehen sich hauptsächlich um typisch schwäbische Dinge wie Obstbau, Trauben, Erntedank usw. Als ich die Model für diesen Backtag raus suchte, war ich überrascht, als ich einen Sensenmann entdeckte. Spontan dachte ich natürlich sofort an den Mann, der den Tod bringt. Im 2. Moment wurde mir dann allerdings bewusst, dass das Mähen mit einer Sense einfach nur eine normale Szene aus dem Alltag unserer Großeltern ist. Selbst mein Vater mähte noch sehr lange schwierige Wiesen mit einer Sense.

Solltet ihr ebenfalls Springerlesmodel in eurem Familienbesitz haben, probiert doch mal mein Rezept aus. Ich bin außerdem an euren persönlichen Geschichten bezüglich schwäbischer Springerle interessiert. Schreibt mir doch einfach.

Ich wünsche euch einen ruhigen und besinnlichen Advent!

Schwäbische Springerle

Kochutensilien

  • Küchenmaschine
  • Schüssel mit Deckel
  • Backbrett
  • Teighölzer 10 mm
  • diverse Model + passende Ausstecher oder ein Messer
  • 2 – 3 Backbleche

Zutaten

  • 500 g Weizenmehl 405er
  • 500 g Puderzucker gesiebt
  • 4 Eier Gr. L ca. 200 g
  • 2 EL Kirschwasser
  • 1 Messerspitze Hirschhornsalz
  • Anis
  • Speisestärke

Anleitungen

  • Das Hirschhornsalz im Kirschwasser auflösen und zur Seite stellen.
  • In einer Küchenmaschine mit dem Ballonschneebesen die Eier schaumig schlagen. Den Puderzucker Esslöffel für Esslöffel dazu geben. Nach ca. 10 Minuten das aufgelöste Hirschhornsalz dazugeben und auf mittlerer Stufe weiter rühren. Dann das Mehl Esslöffel für Esslöffel dazu geben. Weitere 10 Minuten rühren.
  • Teig in Folie wickeln und in einer Schüssel mit Deckel für mind. 2 Stunden in den Kühlschrank stellen.
  • Ein Backbrett vorbereiten, in dem man es vollständig mit der Speisestärke abpudert.
  • Arbeitsbereich ebenfalls einpudern.
  • Ein Stück des Teiges aus der Schüssel nehmen. Die Schüssel mit dem restlichen Teig sofort wieder verschließen. Der Teig darf nicht austrocknen.
  • Den Teig zwischen den Teighölzern ausrollen.
  • Jeweiliges Model auspudern und in den Teig drücken.
  • Model abnehmen und mit einem passenden Ausstecherförmchen ausstechen oder mit einem Teigrädchen oder einem Messer das Springerle ausschneiden.
  • Springerle auf das bepuderte Backbrett setzen.
  • Weiter so vorgehen bis der ganze Teig verbraucht ist. Der Restteig kann mit nassen Händen ab und zu wieder etwas befeuchtet werden.
  • Die Springerle an einem kühlen Ort (ohne Durchzug) ca. 24 Stunden trocknen lassen.
  • Backofen auf 150° C Ober- und Unterhitze vorheizen.
  • Backbleche mit Backpapier auslegen und mit Anis bestreuen.
  • Ein Küchenhandtuch nass machen und flach auf der Arbeitsfläche ausbreiten. Die einzelnen Springerle nun kurz auf das nasse Küchenhandtuch setzen.
  • Dann auf dem Backblech ablegen.
  • Das Backblech auf der untersten Stufe des Backofens für 10 Minuten backen. Dann den Backofen auf 125° C runter schalten und die Springerle weitere 10 Minuten backen. Sie dürfen oben auf keinen Fall Farbe annehmen, d.h. sie müssen unbedingt weiß bleiben. Wenn alles gut läuft entsteht beim Backvorgang das begehrte Füßle.
  • Auf einem Gitter abkühlen lassen.
  • Luftdicht verpackt an einem kühlen Ort aufbewahren.
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